Ein Produktname ist mehr als nur ein Produktname. Er ist Bestandteil einer Marketing-Strategie. Und der Ausdruck einer Beziehung. Nutzt das!

Mein Auto. Mein Smartphone. Mein … WTF?

Stellt euch mal vor, ihr sitzt mit Freunden zusammen. Ihr redet darüber, welche neuen Sachen ihr euch kürzlich gekauft habt. Einer erzählt, er habe sich ein VW Golf zugelegt. Ein anderer schwärmt von seinem iPhone. Und du berichtest, du hast fast 500 Euro für einen UE55RU7179UXZG ausgegeben. Alle starren dich an und denken: What the f…?!?

Verständlich, oder? UE55RU7179UXZG klingt ziemlich sperrig und unsexy. Aber Samsung vermarktet einen seiner vielen TV-Modelle wirklich unter diesem Namen. Damit ist der koreanische Konzern nicht alleine: Auch andere namhafte Unternehmen bringen ihre Produkte mit kryptischen Bezeichnungen in den Handel. Und der Handel promotet sie so.

Unverständliche Produktnamen schrecken ab

Wer sich für Technikprodukte wie Fernseher oder Computer interessiert, der geht heutzutage nicht nur in den MediaMarkt (wenn überhaupt), sondern recherchiert fleißig im Internet. Diejenigen,  die nur mit vagen Vorstellungen wie „Ich brauche einen neuen Fernseher“ oder „Meine Frau wünscht sich einen Laptop“ in die Weiten des Netzes vordringen, sind schon bald verloren.

Denn der potentielle Kunde stößt bei seiner Customer Journey auf Produkte mit Bezeichnungen wie Asus ET2210INKS-b012C i3-2120/4GB/5000GB GT520, Samsung UE46ES5700 und HP Omni 27-1000EG i3-2120/4GB/1TB HD7450A.

Was wollen uns die Hersteller damit sagen? Wie können sie in der A-, I- und D-Phase der altbekannten AIDA-Formel (Attraction, Interest, Desire, Action) mit derlei Bezeichnungen punkten? Höchstwahrscheinlich wenig bis gar nicht. Sie hinterlassen einen verwirrten Kunden. Besser gesagt: potentiellen Kunden!

Der mögliche Kunde versteht nur Bahnhof. Und wer Bahnhof versteht, wird misstrauisch und somit zurückhaltend beim Kauf. Oder lässt es gleich. Denn was man nicht versteht und einem kompliziert erscheint, braucht man nicht! Ein Grund (von vielen), warum beispielsweise Apple-Produkte so beliebt sind – deren Bezeichnungen und Typenlogik versteht jeder recht schnell.

Wer oder was bin ich?

ET2210INKS-b012C i3-2120/4GB/5000GB GT520, UE46ES5700 oder Omni 27-1000EG i3-2120/4GB/1TB HD7450A sind nichtssagend. Außer man ist Produktmanager und Tech-Nerd. Doch die sind nicht die Zielgruppen. Denn Samsung, Grundig, LG und Co. möchten Ihre Technik- und Entertainment-Produkte an die Massen verkaufen. Und das tun sie auch. Aber gewiss nicht über die Produktnamen. Sondern über andere Eigenschaften wie günstige Preise.

Doch bevor es dazu kommt, verschrecken sie zuerst die Interessenten. “Kauft bloß nicht unsere Produkte. Sie sind genauso kompliziert wie ihre Produktnamen!” schwingt da unterschwellig mit. Zumindest denke ich mir das jedes Mal. Geht es euch auch so?

Alle Eltern machen sich wochen- und monatelang Gedanken über den Namen des Ungeborenen. Was sagt der Name aus, wofür steht er? Welches Image hat er? Kann er leicht ausgesprochen werden? Gibt es Abkürzungen oder Verunglimpfungen? Wie klingt er international?

Derlei Gedanken scheinen sich einige Unternehmen nicht zu machen. Ihnen ist es egal, ob die Namen ihrer “Babys” doof klingen. Ansonsten würden sie ihren Produkten nicht derart komplizierte und unattraktive Namen geben.

Raus und weg, irgendein Dummer … äh … Käufer wird sich schon finden – so die Mentalität.

Der schmale Grat zwischen Kreativität, Belanglosigkeit und Peinlichkeit

Nun gut, es gibt auch einige Positiv-Beispiele. Was ein McChicken oder einer Playstation sind, erschließt sich einem schnell. Für was Samsung Galaxy oder Dell Inspiron stehen, versteht man als Technik-Laie zwar nicht, doch die Namen klingen gut.

Doch bei HP Omni, Canon Pixma oder Sony Vaio kommt der potentielle Käufer schon ins Grübeln. Diese Namen verraten weder, was das Produkt kann, noch wirken sie anregend. Es sind einfach belanglose Fantasienamen.

Die Meister der seltsamen und teils abstrusen Benennungen sind die Internet-StartUps. Da gibt und gab es Dawanda, Mabber, Yoono, Diigo, Zlio, Flattr, Mzinga, Simfy und Oink.

Noch schlimmer sind echte Naming-FAILS. Also Namen, die in anderen Sprachen missverständlich, zweideutig, abwertend oder beleidigend klingen. Bei einem Ford Probe denkt man nicht an ein fertiges Auto; ein Mitsubishi iMiev stinkt zum Himmel, oder? Was Pajero in Spanisch bedeutet, möchte ich einem Translator überlassen und lieber nicht niederschreiben.

Über die Nintendo Pipi – Verzeihung, Nintendo Wii (wee, Englisch = pinkeln) – wurde anfangs zurecht gelacht. Und dann gibt es noch den Musikdienst, der seine Hörer als Weicheier beleidigt …  nein, WiMP erweckt definitiv keine positiven Erinnerungen!

WiMP: Sind alle Nutzer des Musikdienstes wirklich Feiglinge, Knalltüten, Kümmerlinge, Warmduscher oder Weicheier?

Das Kind beim Namen nennen – warum nicht?

Was soll diese Verklausulierung? Sind ein direktes Fluege.de, Windeln.de, Notebooksbilliger.de oder Musicload so langweilig? Wer sein Unternehmen beispielsweise Windeln.de nennt, setzt ein Statement. Der Namen ist die Marke. Und die angebotenen Produkte versteht jeder.

Klar, eine derartige eindeutige Bezeichnung bringt auch Probleme mit sich. Wenn das Portfolio erweitert wird, kann das mit dem Markennamen kollidieren. Windeln.de verkauft mittlerweile mehr als nur Windeln. Und Notebooksbilliger.de hat nicht nur günstige Laptops im Angebot.

Fantasienamen besitzen somit ihre Daseinsberechtigung. Denn nicht immer ist es leicht, einen passenden Namen für sein Produkt zu finden. Besonders wenn er auch international eingesetzt werden soll.

Fazit: Behandelt eure Produkte wie Kinder!

Kommen wir aber zurück zum Anfang des Beitrages: UE55RU7179UXZG ist weder zu direkt, noch fantasievoll. Sondern einfach 200%-ig einfallslos. Es ist die Typenbezeichnung, hinter der eine herstellerspezifische Logik steckt. Doch diese Logik versteht sonst keiner.

Warum wurde sie zum Produktnamen? Wie sollen damit mögliche Käufer angesprochen werden? Was hat sich das Marketing dabei gedacht? Ich versteh’ es nicht. Ihr?

Da geben Großkonzerne wie Samsung, Sony, LG und dergleichen zusammen Milliarden für Produktentwicklungen, Marketing und Vertrieb aus. Und das Ergebnis sind dann Produktnamen wie UE55RU7179UXZG. Lieblose Massenware. Produkte ohne Seele. Vertane Chancen, mehr Kunden anzusprechen. Umsatzkiller. Verbranntes Geld.

Puh.

Deswegen meine Bitte: Weniger ist mehr. Klare Worte statt böhmischer Dörfer. Gebt euren “Kindern” richtige, leicht verständliche und passende Namen!


Tipps / Hinweise:

Mehr zum Thema Naming gibt’s in meinem USP Marketing Podcast in der Sonderfolge zum Thema Positionierung.

Zudem hat Deutsche-Startups.de ein paar Tools zusammengetragen, mit denen ihr geeignete Unternehmens- und Produktnamen findet.

 

Bilder / Screenshots:
MediaMarkt.de, Otto.de, Wimpmusik, LeoDict

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top
Kontaktieren Sie mich!