Zigtausende Fans, Leser und Follower – das sind häufig die Erwartungen ans Content Marketing. So kommst du auf den Boden der Realität zurück.
Komplett falsche Vorstellungen
“Was, der Blog bringt nur 3.000 Visits im Monat? Lohnt sich der Aufwand überhaupt?”
“Unsere Facebook-Seite hat nur 500 Fans – voll schlecht!”
“Uh, der Podcast erreicht pro Monat nur 100 Zuhörer. Das rechnet sich doch gar nicht!”
Das sind Aussagen, die ich in dieser Art schon oft gehört habe. Und fast jedes Mal muss ich sagen: die Denkweise ist falsch!
Menschen – besonders Manager und Unternehmer – denken immer in Zahlen. Diese sollen maximal groß ausfallen. Eine Facebook-Seite muss demnach mindestens 100.000 Fans haben, der Podcast 10.000 Zuhörer und der Blog 1.000 Leser pro Tag. Alles andere sei schlecht, mies und rausgeworfenes Geld – so die weit verbreitete Meinung.
Jeder Selbstständige und erst recht jedes Unternehmen braucht eine Audience wie ein Superstar. Und die muss von heute auf morgen, also über Nacht, entstehen und einem ständig zujubeln.
Sorry, das ist Quatsch!
Alles ist relativ!
Große Ziele zu haben ist nichts Schlechtes. Ganz im Gegenteil: Nur wer nach den Sternen greift und getreu der Kaizen-Philosophie stets besser werden will, kommt voran. Als Selbstständiger oder Unternehmer darf es keinen Stillstand geben. Es gilt, selbst und ständig zu arbeiten.
Das klingt hart, ist aber die Realität. Die Konkurrenz schläft nicht. Und auch das Rad der Zeit hält niemals an.
Doch solltest du stets mit einem Bein auf dem Boden der Tatsachen bleiben! Erfolg ist immer relativ und abhängig von vielen Faktoren.
Da wäre zum einen der Vergleich mit dem Wettbewerb. Als Solo-Selbstständiger kann man sich nicht mit einem Mittelständler oder einem Konzern vergleichen. Und ein Finanzberater darf sich nicht mit einem Yoga-Trainer messen.
Betrachte deine Sphäre
Selbst das Messen innerhalb einer Branche kann ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen sein. Zum Beispiel, wenn ein Yoga-Trainer aus Buxtehude neidisch auf die Zahlen des englischsprachigen “Mitbewerbers” aus Los Angeles schielt.
Ebenso muss die Branche analysiert werden. Wie groß ist der Markt insgesamt, wie groß deine Nische? Nein, bitte mach’ nicht den Fehler und behaupte, dein Angebot sei für “ganz Deutschland” oder “für jede Frau im deutschsprachigen Raum” interessant!
Wenn du so denkst, leidest du unter Größenwahn und hast eine falsche Positionierung (oder gar keine).
Bedenke auch den Faktor Zeit. Wie lange bist du schon im Business, wie lange die Konkurrenz? Wie lange auf sozialen Netzwerken unterwegs oder mit einem Blog am Start, wie lange die Mitbewerber?
Wie groß ist die potentielle Reichweite?
Was gerne vergessen wird: Es geht bei jeder Betrachtung immer um die richtigen Messgrößen.
Geh’ nicht von einer potentiellen Zielgruppe von 80 Millionen oder noch mehr Menschen aus. Bleib realistisch!
Wenn du dich selbstständig machst oder in einer Marketing-Abteilung arbeitest, solltest du stets wissen, wie groß dein Markt und dein Marktpotential ist.
Als Yoga-Lehrer in Buxtehude ist der Teich, in dem deine potentiellen Kunden schwimmen, recht übersichtlich. Er wird größer, wenn du beispielsweise Online-Kurse im deutschsprachigen Raum anbietest.
Konzentrierst du dich aber nur auf Kunden in und aus Buxtehude? In Ordnung – aber wie viele sind das? Babys, Kinder und Senioren fallen höchstwahrscheinlich weg, ebenso viele andere Bevölkerungsschichten.
Am Ende bleibt da – realistisch betrachtet – eine überschaubare Zielgruppe übrig. Diese besteht nicht aus Millionen Menschen, sondern aus wenigen hundert potenziellen Kunden. Genau die musst du ansprechen!
Fans und Follower aus anderen Städten und Ländern sind zwar nett, aber nicht zielführend. Noch weniger sind das gekaufte Fake-Follower, die aus der Türkei, aus Pakistan oder Saudi-Arabien stammen.
Was dein (Content-)Marketing-Ziel sein sollte
Viele Marketing-Unwissenden nehmen fälschlicherweise an, das Ziel von Marketing sei es, mit einem Budget X eine maximal große Reichweite Y aufzubauen. Damit das gelingt, müsse man total kreativ sein.
Falsch!
Das Ziel von Marketing – das ja ebenso fälschlicherweise mit Werbung gleichgesetzt wird – ist es _nicht_ eine gigantische Audience aufzubauen.
Nein- Vielmehr geht es darum, genau die _richtigen_ Personen anzusprechen und diese zu überzeugen.
Auch angesagte Marketing-Formen wie Social-Media-, Inbound- oder Content-Marketing können den Wunsch nach maximaler Aufmerksamkeit nicht erfüllen. Müssen Sie auch nicht. Wenn, dann geht etwas schief.
Was bringt es, wenn ein Unternehmen beispielsweise 10.000 Facebook-Fans hat, aber 9.995 überhaupt nicht zur Zielgruppe des Produktes passen? Stattdessen fanden die vermeintlichen Fans lediglich die geteilten Katzen-Videos toll.
Tja, dann ist das Unternehmen “berühmt”, hat aber sein Geld zum Fenster rausgeworfen, weil keiner der Fans jemals ein Kunde werden wird.
Was ist gut, was ist schlecht?
Das musst du am Ende selbst entscheiden. Damit das gelingt, benötigst du eine Strategie – und diese besteht aus Zielen. Am besten sind diese SMART, also:
- spezifisch
- messbar
- erreichbar (“achievable”)
- realistisch
- zeitlich terminiert
Ohne Plan und ohne Ziele ist jede Aussage über den Erfolg oder Misserfolg von (Content) Marketing obsolet.
Wichtig dabei sind – wie schon erwähnt – die Bezugsgrößen. Zum Beispiel die Größe deiner Branche, die Größe der Zielgruppe, die Zeit und die Konkurrenzsituation.
Hast du beispielsweise die letzten zehn Jahre das Thema Social Media verpennt, musst du diesen Umstand mit extrem viel Energie, Durchhaltevermögen, Qualitäts-Content und Budget ausgleichen.
Nachhaltigkeit ist wichtiger als schneller Ruhm
Ja, der Faktor Zeit ist etwas, was beim Content Marketing nie unterschätzt werden darf! Blog-Inhalte, Podcasts oder Facebook-Präsenzen brauchen viel Ausdauer, um zu wachsen.
Content Marketing ist ein Marathon, kein Sprint. Einerseits, weil du durch deine Kontinuität und relevanten Inhalten einen Trust bei den (potenziellen) Fans aufbauen musst.
Zum anderen dauert es auch bei technischen Dinge wie SEO viele Monate, bis erste zarte Ergebnisse sichtbar werden.
Sei nicht unrealistisch und überheblich
Viele Unwissende erwarten im Content Marketing einen Hockeystick. Also eine Kurve mit einem exponentiellen Wachstum. Das ist ziemlich realitätsfern und überzogen.
Ein lineares Wachstum mit vielen Hochs und Tiefs entspricht eher dem Alltag. Und das muss richtig gewürdigt werden! Wenn beispielsweise der Blog eines Yoga-Lehrers durch gewisse Maßnahmen von 100 auf 120 Leser im Monat steigt, ist das ein Erfolg. Ja, das mögen “nur” 20 Leser mehr im Monat sein – aber in Relation gesehen beträgt die Steigerung satte 20 Prozent.
Ebenso solltest du die absoluten Zahlen in ein rechtes Licht rücken. Zum Beispiel sind 100 oder 120 Leser – wenn es die richtigen sind – eben 100 bis 120 potentielle Kunden. Oder Bestandskunden, von denen dich viele weiterempfehlen.
200 Podcast-Hörer – gut oder schlecht? Stell dir die Menschen einmal vor. Sie würden einen kleinen Saal füllen. Wann hast du das letzte Mal vor solch einer Gruppe geredet?
Fazit: Beende die falsche Zahlen-Geilheit!
Erfolge sind immer relativ.
Setze im Content Marketing deine Zahlen und Ergebnisse in Relation zu den richtigen Messgrößen. Verfalle nicht dem Drang, irrelevanten Zahlen – den Vanity Metrics – hinterher zu rennen.
Und denke immer daran: Qualität vor Quantität! Sprich lieber 50 Entscheider als 5.000 Fake-Follower an.
Damit das gelingt, benötigst du eine Strategie mit den passenden Zielen. Und eine nachhaltige Ausführung. Dazu gehört es, gewisse Dinge richtig oder gar nicht zu machen.
Bild: Pixabay
Jürgen liebt Digitalisierung, StartUps und Marketing. Deswegen schreibt er als freier Fachautor für bekannte Publikationen über diese Themengebiete. Und er unterstützt als Marketing-Strategie-Berater StartUps und mittelständische Unternehmen bei ihrer Marketing-Strategie.
In diesem Blog hält er seine Gedanken er über seine Lieblingsthemen fest. Deswegen dreht sich hier alles um Digitalisierung, Marketing, Innovationen, E-Commerce und StartUps.