Es kracht bei der Digitalen Transformation deutscher Unternehmen. Warum? Weil das Thema Digitalisierung noch nicht „sexy“ genug ist. So geht’s besser.
Die zwei Welten der Digitalisierung
Hach, mit der Digitalisierung ist es zum Verrücktwerden!
Wie in meinem Blogbeitrag “Obwohl wir digital leben, kommt die Digitalisierung nicht voran” beschrieben, agieren die Deutschen im Privatleben bereits sehr digital. Andererseits zeigen verschiedene Erhebungen (zum Beispiel die letzte Etventure-Studie), dass die Deutschen als Arbeitnehmer die Digitalisierung nicht ganz verstehen. Und dass es ihnen deutlich an Digital-Kompetenz mangelt.
Irgendwie seltsam. Und peinlich. Denn der Digitale Wandel läuft bereits seit Jahrzehnten auf Hochtouren! Zudem setzt die Corona-Krise die Unternehmer und ihre Mitarbeiter zusätzlich unter Druck.
Zugegeben: Home Office und Videokonferenzen gehören nun – zwangsläufig – zur deutschen Arbeitswelt dazu. Aber ansonsten: digitale Prozesse, digitale Produkte, digitale Dienstleistungen, digitale Innovationen, digitale Denkweise … Pustekuchen.
Warum tun sich die Deutschen so schwer mit der Digitalen Transformation? Dafür gibt es selbstverständlich nicht _den einen_ Grund. Aber ein paar, die mir immer wieder auffallen.
Digitalisierungsfehler Nr. 0: Den Digitalen Wandel nicht mitleben
Der größte Basisfehler ist, sich der Digitalisierung zu verweigern. Zum Beispiel, indem man die mannigfaltigen Möglichkeiten des Internets ignoriert.
„Eine eigene Website, einen Eintrag bei Google My Business, eine Präsenz auf den sozialen Netzwerken – pah, das brauche ich nicht! Mein Business läuft auch so.“ Wer als Unternehmer so denkt und agiert, macht den größten Kardinalfehler. Er bleibt am Nullpunkt stehen.
Leider – man mag es kaum glauben – verharren hier noch sehr viele Unternehmen. In der 26. Folge des USP Marketing Podcast zeigt mein Gast Robert Ziege auf, wie die Realität aussieht.
Digitalisierungsfehler Nr. 1: Analog wie eh und je
Hier und da mal eine E-Mail, ein Angebot in Word geschrieben, Umsatzzahlen in Excel eingetragen – das war’s in in Sachen Digitaler Wandel. Es wird gearbeitet wie vor 20 Jahren. Halb analog, halb digital, mit Prozessen aus dem letzten Jahrhundert.
Digitalisierungsfehler Nr. 2: Fehlende Vorbilder
Die meisten Unternehmen funktionieren top-down. Was die Chefetage und das mittlere Management sagt und vorlebt ist quasi Gesetz. Doch wenn die Herren (und meist wenigen Damen) wie „anno Tobak“ agieren, kann es keine Veränderungen geben. Der Fisch stinkt eben vom Kopf herab.
Digitalisierungsfehler Nr. 3: Mega-Aktionismus
Auch diese Situation kennen sicherlich viele: Die Digitalisierung wird mit einem extremen Übereifer angegangen. Also schafft ein Unternehmen eine Superduper-SAP-IBM-Microsoft-Salesforce-Hyper-Hyper-Lösung an. Die ist schweineteuer, die Implementierung kostet viel Zeit und Geld, die Bedienung fällt unfassbar schwierig aus. Und am Ende sind alle entnervt und frustriert.
Digitalisierungsfehler Nr. 4: Berater-Bullshit-Bingo
Die Digitale Transformation eines Unternehmens, gerade eines größeren KMUs oder eines Konzerns, wird in der Regel zusammen mit ein, zwei oder mehr Beratungsfirmen durchgezogen. Monatelang entwerfen hochbezahlte Consultants glanzvolle Präsentationen.
Und dann gibt es Workshops für die Mitarbeiter. Da wird von Cloud, Industrie 4.0, Predictive Maintenance, IoT, Deep Tech und von vielen anderen Buzzwords geschwafelt. Versteht das der normale Mitarbeiter? Nö.
Digitalisierungsfehler Nr. 5: Nicht an den Nutzer denken
Was haben die Digitalisierung und eine Latein-Klassenarbeit gemeinsam? Sie werden als lästig empfunden! Also machen manche Entscheider nur das Nötigste – und das auch noch falsch.
In meinem Blogbeitrag „Wir sind mit unserem Digitalisierungsprojekt fertig“ habe ich eine wahre Geschichte beschrieben, wie sie wahrscheinlich zigfach in deutschen Unternehmen vorkommt: Es wird Geld in Maßnahmen investiert, welche überhaupt nicht zielführend ist.
Digitalisierungsfehler Nr. 6: Fortbildungen – warum?
Einen weiteren Mangel deckt eine aktuelle KfW-Studie auf. Hier ein Zitat aus der Pressemeldung: “Die Digital-Kompetenzen der Beschäftigten bleiben hinter der Entwicklung zurück. Weiterbildung ist die wichtigste Lösungsstrategie, wird aber zu oft aus Kosten- und Zeitgründen unterlassen.”
Ohne Fortbildungen kein Wissen. Ohne Wissen kein Vorankommen in der Digitalisierung. Ohne Vorankommen verschärfen sich die Probleme. Ein Teufelskreis.
Was ist die Lösung?
Wie schon in meinem netz98-Fachartikel “Die 12 größten Fehler bei der Digitalisierung von Unternehmen” beschrieben, gibt es ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Eine Maßnahme davon halte ich für extrem wichtig: Immer an die User denken!
Die User sind in diesem Fall die eigenen Mitarbeiter. Sie müssen den Nutzen und die eigenen Vorteile in der Digitalen Transformation des Unternehmens erkennen: Warum wird eine neue Software eingeführt? Warum funktionieren Prozesse zukünftig anders? Was bringt die neue Hardware?
Dabei darf es nicht bei Erklärungen bleiben. Die Digitalisierungs-Verantwortlichen sollten möglichst früh die geplanten Neuerungen zeigen und/oder die Kollegen damit testweise arbeiten lassen. Nur so kann sich ein “Aha! Das ist ja toll!”-Effekt einstellen. Dieser ist extrem wichtig, denn es müssen Dämme gebrochen werden.
Dann gelingt auch der Bogen vom Privatleben zum Arbeitsleben. Und umgekehrt.
Digitale Transformation im Geschäftsleben: Erleben. Mitmachen. Gerne anwenden.
Wir benutzen ganz selbstverständlich Netflix, Spotify, Alexa, Google Maps oder die Bahn-App. Warum? Weil wir einen Vorteil davon haben. Weil die Dienste unser Leben erleichtern und bereichern. Und weil die Beschäftigung mit Apps, Smart-Home-Anwendungen und dergleichen Spaß macht. So wird man – meist ganz unbewusst – zum “Digitalo”.
Digitalisierung muss auch im Geschäftsleben Erleichterungen und Vorteile bringen. Schnell. Einfach. Verständlich. Für jedermann.
Passend dazu möchte ich Roland Berger zitieren, der in einer ChangeRider-Folge sagte:
„Wichtig ist, dass wir die Menschen für die Digitalisierung, für eine digitale Welt, für eine digitale Disruption gewinnen. Wir müssen transparent machen, welche Vorteile das für sie hat“
Was heißt das vereinfacht?
Make Digitalisierung sexy!
Damit das gelingt, müssen Unternehmen keine Mega-Projekte mit gigantischen Budgets lostreten. Ich denke, der Digitale Wandel in Unternehmen kann sehr gut in kleinen Schritten erfolgen.
Wie ein solcher Weg in kleinen, „sexy“ Schritten aussieht? Indem beispielsweise ein Mittelständler seine Digitalisierung über das Marketing in Schwung bringt.
Was ich damit im Detail meine und welche Vorgehensweise dazu möglich ist, erzähle ich ausführlich in der 37. Folge des Skillbyte Podcast:
Bilder: Shutterstock, Etventure
Jürgen liebt Digitalisierung, StartUps und Marketing. Deswegen schreibt er als freier Fachautor für bekannte Publikationen über diese Themengebiete. Und er unterstützt als Marketing-Strategie-Berater StartUps und mittelständische Unternehmen bei ihrer Marketing-Strategie.
In diesem Blog hält er seine Gedanken er über seine Lieblingsthemen fest. Deswegen dreht sich hier alles um Digitalisierung, Marketing, Innovationen, E-Commerce und StartUps.